Walther Holtzmann

Von

Theodor Schieffer

aus: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 20 (1964), S. 301-324



[S. 301]

Mit erschreckender Plötzlichkeit ist Walther Holtzmann - über mehr als ein Vierteljahrhundert hin Mitherausgeber aller 19 Bände des Deutschen Archivs - aus seiner Forschungsarbeit und unserer Mitte gerissen worden. Gewiß fühlte er sich nicht mehr völlig frei von kleineren Altersbeschwerden, aber der stattliche Siebziger erschien nach wie vor unverwüstlich in seiner Rüstigkeit und Schaffenskraft, und es waren auch nicht etwa Todesahnungen gewesen, sondern grundsätzliche Erwägungen nüchternster Art und die als selbstverständlich empfundene Pflicht zu rechtzeitiger Vorsorge, die ihn bestimmten, nach dem Ablauf seiner römischen Amtszeit alsbald auch die Überleitung der ihm noch verbliebenen Obliegenheiten in andere Hände anzubahnen. Ende 1962 hatte er dem imponierenden neunten Bande der Italia pontificia das Imprimatur geben können, und längst widmete er sich - seit dem Herbst 1963 wieder in Rom - dem schon weit gediehenen Schlußbande. Nur auf zwei Tage unterbrach er diese Arbeit, um Anfang Oktober 1963 in Mailand an der Jahressitzung der Pius-Stiftung teilzunehmen. Bald darauf aber befielen ihn so ernstliche Beschwerden, daß er sich bestimmen ließ, in sein Bonner Heim zurückzukehren, um sich einige Tage einer ihm ungewohnten Ruhe zu gönnen. Kaum zu Hause angekommen, mußte er sich in die Klinik seiner Universität begeben, wo man sich zu einem ärztlichen Eingriff entschloß. Mit schon nicht mehr ganz fester Hand, aber klaren Geistes schrieb er am 17. November ein mehrseitiges Wissenschaftliches Testament nieder - "falls ich die bevorstehende Operation nicht überlebe". Wie es zeitlebens seine Art war, gab er die gebotenen Anweisungen, in knapper Sachlichkeit und alles bedenkender Umsicht, ohne den leisesten Anflug von Sentimentalität - ein ergreifendes Dokument bedingungsloser Treue zu einer selbstgewählten Verpflichtung. Die Kunst der Arzte vermochte ihn nicht mehr zu retten, nur Qual und Siechtum blieben ihm erspart; am 25. November 1963 [S. 302] dämmerte er sanft hinüber. Auf dem Kessenicher Friedhof, am Bergabhang über dem Süden Bonns, haben wir ihn zur letzten Ruhe gebettet.

I.

Nicht ganz 72 Jahre hat dieses Leben gewährt, dessen Weg in Beruf und Leistung gradlinig und ohne Bruch verlief1). Als Sohn eines Gymnasialprofessors war Walther Holtzmann am 31. Dezember 1891 in Eberbach am Neckar geboren; in Bruchsal und Karlsruhe ging er zur Schule. Zeitlebens blieb ihm, bei aller Weltläufigkeit, die Prägung durch die badische Heimat unverloren, deren sprachliche Tönung er in lebhafter oder gelockerter Unterhaltung unverfälscht durchklingen ließ. Er entstammte einer alten südwestdeutschen Akademikerfamilie, die schon eine eigene Tradition philologisch-historischer, an der Textinterpretation orientierter Gelehrsamkeit kannte. Unter seinen Seitenverwandten begegnen der Heidelberger Indologe und Germanist Adolf Holtzmann (1810-1870), der Straßburger Neutestamentler Heinrich Julius Holtzmann (1832-1910), eine Leuchte der liberal-protestantischen Exegese, und dessen Sohn Robert (1877-1946), der Mediävist von hohen Graden, dessen Lebensweg sich mit dem Werdegang seines Vetters Walther wiederholt berühren sollte.

Dies geschah gleich im ersten Studiensemester, das Walther Holtzmann nach der Ableistung des Militärdienstes 1911 in Straßburg verbrachte. Hier besuchte er Harry Bresslaus Vorlesung und Robert Holtzmanns Proseminar, und bei der mit diesen Namen gekennzeichneten Fachrichtung ist er geblieben. Doch wechselte er schon im zweiten Semester zur Heimatuniversität Heidelberg über, wo er u. a. Karl Hampe hörte, aber wohl weniger in ihm als in Otto Cartellieri seinen eigentlichen Lehrer fand. Noch war das Studium nicht abgeschlossen, als ihn der Kriegsdienst für volle vier Jahre herausriß. Erst 1920 kam er zur Promotion mit einer - ungedruckt gebliebenen - Arbeit über Urbans II. Beziehungen zu Frankreich. Aus dem gewählten Thema spricht noch unverkennbar der Einfluß Cartellieris, den ja die mittelalterliche Geschichte der romanischen Völker in ihren Bann geschlagen hatte, aber [S. 303] als Thema aus der Papstgeschichte erscheint es zugleich schon wie ein Wegweiser in Holtzmanns wissenschaftliche Zukunft.

Die Entscheidung über seinen weiteren Lebensweg sollte bald fallen, nicht ohne eine Mitwirkung äußerer, fast zufälliger Umstände. Heidelberg war inzwischen der Alterssitz des aus Straßburg vertriebenen Harry Bresslau geworden, der hier die Arbeit an den Diplomen Heinrichs III. wieder aufgenommen hatte. Der junge Dr. Holtzmann wurde sein Mitarbeiter an diesem Werk, aber nur für eine kurze Spanne. Als später, nach langen Jahren, der V. Diplomata-Band endlich erschien, wurde der Hilfe Holtzmanns im Vorwort gedacht, so wie es auch im Jahresbericht für 1922-23 geschehen war2), im übrigen aber erscheint es im Rückblick auf dieses Leben geradezu kurios, daß dieser Gelehrte, der fachlich sowohl wie persönlich den Monumenta Germaniae von Anfang an eng verbunden war und als editorischer Virtuose den vollendeten Typ des "Monumentisten" darstellte (und seit 1946 ja auch der Zentraldirektion angehörte), zwar zahlreiche Beiträge zum Neuen und Deutschen Archiv beisteuerte, an den eigentlichen Editionen der Monumenta aber nur ganz nebenher beteiligt war. Außer der kurzfristigen Arbeit bei Bresslau ist nur zu verzeichnen, daß er nach dem Zweiten Weltkrieg an die von Levison besorgte Neuausgabe des Gregor von Tours die letzte redaktionelle Hand legte und das Vorwort dazu schrieb (vgl. Nr. 49 der Bibliographie). Als noch kurioser aber müssen wir es zunächst empfinden, daß niemand anders als Paul Kehr es war, der den Novizen der Diplomatik gleich wieder von den Monumenta ablenkte. Aber wenn Kehr eben 1919 den Vorsitz der Zentraldirektion übernommen hatte' so haben ihm die Monumenta doch zu keiner Zeit einen ausschließlichen Lebensinhalt bedeutet. Zu den Diplomata, bei denen er sich einst unter Sickel die Sporen verdient hatte, sollte er erst nach dem Tode Bresslaus (1926) zurückfinden, dann freilich mit all der ihm eigenen Energie. Fürs erste aber galt seine persönliche Sorge wohl noch mehr dem Preußischen Historischen Institut in Rom und den Papstregesten, seinem ureigensten Werk, zumal beide noch ungesichert, ja ernstlich gefährdet waren. Dem Dr. Holtzmann, den er durch Bresslaus Vermittlung noch im Jahre 1921 kennenlernte, bot er daher, als Alternative zu den Diplomen Heinrichs III., eine Mitarbeit in diesem seinem römischen Wirkungskreise an, und Holtzmann griff zu.

Dies war die Entscheidung für sein Leben, das sich seither nur noch an der Peripherie der Monumenta bewegte, dafür aber ganz im Zeichen [S. 304] Paul Kehrs stand. Dieser Forscher und Organisator größten Stils wurde für ihn der Meister schlechthin und das bewunderte Vorbild, und von den zahlreichen Mitarbeitern, die der schwierige Herr in seinem langen Leben an sich gezogen hat, ist ihm sicherlich niemand wissenschaftlich und menschlich so unverbrüchlich nahe gerückt wie Walther Holtzmann. Nicht als ob der jüngere eine sonderlich anpassungsfähige oder gar unselbständige Natur gewesen wäre und sich leicht bereitgefunden hätte, ,in verba magistri' zu schwören, es war vielmehr eine aus Charakter und Bildungsgang erwachsene Wahlverwandtschaft: sie fanden sich in der nüchternen, praktischen, zupackenden, schaffensfrohen Art und in der eigentümlichen Verschmelzung von kritischer Kleinarbeit mit großzügigen Dispositionen und weiten, über die Länder und Zeiten hinweggreifenden Horizonten.

Nominell als Assistent des Römischen Instituts verbrachte Holtzmann zunächst von 1922 an in Berlin zwei wertvolle Lehrjahre im Dienste Kehrs. Er gewann Einblick in das vielfältige organisatorische Werk des Meisters und wurde vor allem in die Arbeit an der Italia pontificia eingeweiht; als 'iuvenis optimae spei' und 'indefessus socius laboris' erscheint er in den Vorreden zu den beiden Teilen des Bandes VII (1923/25). Im Herbst 1924 war es dann endlich soweit, daß in Rom an der alten Stätte - im Palazzo Giustiniani unweit des Pantheons das Historische Institut wieder eröffnet werden und Holtzmann in der Ewigen Stadt Fuß fassen konnte. Da Kehr nur im Nebenamt der Direktor war und sich mit gelegentlichem eigenem Aufenthalt in Rom begnügen mußte, oblag dem einzigen Assistenten die mühevolle, viel Geschick und Takt erfordernde Alltagsarbeit des Neubeginns, in der aber die gelehrte Arbeit nicht untergehen durfte. Es war eine frohe Zeit, reich an neuen Eindrücken, an die er später gern zurückdachte, aber sie währte nicht lange. Im Sommersemester 1926 habilitierte sich Holtzmann in Berlin unter dem Patronat Albert Brackmanns, des Bearbeiters der Germania pontificia. Seine Habilitationsschrift war der venezianischen Welt entnommen, mit der ihn die Arbeit an der Italia pontificia VII vertraut gemacht hatte. Sie blieb im Bereich der Quellenkritik, griff aber in eine andere Zeit und auf ein anderes Genos aus und befaßte sich mit der Weltchronik des Minoriten Paulinus aus der ersten Hälfte des 14. Jh.; erschienen sind davon freilich nur eine Studie über den ältesten Stadtplan von Rom und eine Teiledition des Textes (Nr. 11 und 12 der Bibliographie).

Damit hatte Holtzmanns eigentliche akademische Laufbahn begonnen. Da sie mit dem Weggang von Rom verbunden war, scheint sie ihn [S. 305] zunächst nicht sonderlich begeistert zu haben - im Vorwort seiner ersten großen Publikation (Nr. 20, S. 3) ließ er ungeniert die "fröhlichen Jahre an unserem römischen Institut" mit dem "ewigen Grau einer Berliner Privatdozentur" kontrastieren - aber sie führte nach fünf Jahren, in normalem Rhythmus, den knapp Vierzigjährigen auf den Lehrstuhl in Halle, von dem sein Vetter Robert 1930 nach Berlin berufen worden war. Nun erst setzten in vollem Umfang die gewissenhaft erfüllten Amtspflichten ein, zu denen auch das Dekanat im Jahre 1935/36 gehörte.

Der neue Hallenser Professor war inzwischen auch in eine neue Phase seines gelehrten Schaffens eingetreten, und wieder hatte Paul Kehr die Weiche gestellt. Mit dem Abschluß seiner ersten römischen Zeit war Holtzmann für neue Aufgaben frei geworden. Um den schon erprobten Helfer durch die Übertragung einer selbständigen Arbeit endgültig für das Papsturkunden-Werk zu gewinnen, machte Kehr ihm noch im Jahre 1926 ein kühnes Anerbieten: mit der Materialsammlung, unter Einhaltung der bewährten methodischen Prinzipien, nach England auszugreifen! Zu einem Vertrauensbeweis solchen Grades hat sich der autokratische Altmeister nicht oft in seinem Leben bereitgefunden, denn hier ging es um ein Arbeitsfeld, auf dem er selber, dem es an inneren und äußeren Beziehungen zur angelsächsischen Welt völlig gebrach, nichts an kontrollierender Kompetenz geltend machen konnte. Überdies war es ein Vorstoß in ein nahezu unerforschtes und schwer zu erschließendes Gebiet. Daß die mittelalterlichen Urkundenüberlieferungen der englischen Kirchen von deutschen Gelehrten noch so gut wie gar nicht und selbst von den einheimischen Forschern nur mehr oder minder punktuell durchleuchtet worden waren, stellte noch nicht einmal das empfindlichste Hindernis dar; gewichtiger waren die arbeitstechnischen Schwierigkeiten, die alles überboten, was man auf dem Kontinent gewohnt war. Ein das ganze Land überziehendes geordnetes staatliches Archivwesen gab es in England nicht, und die geistlichen Archive hatten nur an den Kathedralkirchen die Stürme des 16. Jahrhunderts überlebt. Die Trümmer der Kloster- und Stiftsarchive waren auf zufälligen, nur empirisch aufspürbaren Wegen in die Sammlungen öffentlicher und privater Anstalten, Bibliotheken oder Archive geraten. Wenn irgendwo, dann war hier Kehrs methodisches Prinzip einer ideellen Rekonstruktion der alten Archivkörper berechtigt, ja notwendig, aber auch unsagbar schwierig, mußte doch das verwickelte, ineinander verfilzte Gefüge der englischen Archive und Bibliotheken als ganzes sowohl wie im einzelnen planmäßig analysiert werden. Als Lohn der Mühe winkten freilich Funde [S. 306] ungehobener Schätze, wie andere Länder sie in diesem Ausmaße kaum noch erhoffen ließen. Eben dies aber war die Aufgabe, die einen Walther Holtzmann locken konnte, denn hier durften Arbeitskraft und Findigkeit, praktischer Sinn und Entdeckerfreude ihre vielseitige Betätigung finden. Mit Feuereifer stürzte er sich in die Arbeit auf dem auch für ihn völlig neuen Felde, und schon 1927 trat er die erste Reise nach England an, deren bis 1937 noch mehrere folgen sollten. Sie bedeuteten ihm neue Höhepunkte des Lebens und Wirkens, beglückend in der Bereicherung an Eindrücken, Kenntnissen und Begegnungen. Rasch reiften die Früchte: 1931 und 1935/36 erschienen die beiden stattlichen Bände der "Papsturkunden in England" (Nr. 20, 25) mit insgesamt mehr als 600 neuen oder erst unzulänglich bekannten Texten und den ausführlichen, als Orientierung und Arbeitshilfe unschätzbaren Beschreibungen von Archiven und Handschriftensammlungen.

In dem Jahre, als Holtzmanns zweiter Band erschien, wurde an der Universität Bonn ein angesehener Lehrstuhl vakant, freilich unter Bedingungen, die uns aus der Distanz eines Menschenalters kaum noch begreiflich erscheinen. Wilhelm Levison, der altverdiente Monumentist und hochgeachtete Universitätslehrer, bisher noch geschützt durch die Lücken, die der 'Arierparagraph' von 1933 offengelassen hatte, fiel nunmehr der perfektionierten Systematik der Nürnberger Gesetze zum Opfer. Trotzdem war es fürs erste noch eine sehr differenzierte Situation. Sie sich zu vergegenwärtigen, fällt dem Menschen unserer Tage, selbst wenn seine eigene Erinnerung weit genug zurückreicht, nicht eben leicht. Einerseits liegt der Schatten des entsetzlichen späteren Geschehens darüber, und zum andern sind im heutigen Bewußtsein die Nuancen und Stufen in einer an Verfälschung grenzenden Weise eingeebnet worden durch eine klischeehaft simplifizierende "zeitgeschichtliche" Publizistik, die sich gar nicht bewußt ist, wie sehr sie selber der lähmenden Faszination der Macht erliegt, indem sie sich zwar überschlägt vor nachträglicher Kompromißlosigkeit gegenüber vergangener Tyrannei, aber eifrig dazu rät, ein machtvoll existentes Gewaltsystem und seine Unrechtstaten als "Realität" hinzunehmen. Eine Realität, vor der die Zeitgenossen machtlos standen, waren die Rassengesetze, war die Entlassung Levisons aus dem Amt. Aber die hemmungslos bösartige Phase der Judenverfolgung bahnte sich erst schrittweise an, noch wahrte das Regime ein gewisses Maß von formaler Legalität, an die auch Levison selber noch lange glaubte. Er wurde nach den Regeln des Beamtenrechtes in den Ruhestand versetzt, er konnte sich fürs erste weiterhin der gelehrten Arbeit widmen, und wer einigen Mut aufbrachte, brauchte ihn noch keineswegs als einen [S. 307] Paria zu behandeln. Fakultät und Kollegen vermochten das Schicksal nicht zu wenden, aber sie wahrten die Würde. Der Berufungsvorschlag, der noch Ende 1935 dem Berliner Kultusministerium zuging, unterstrich mit Nachdruck, daß der Lehrstuhl "seinem bisherigen Inhaber" ein über Deutschland hinausreichendes Ansehen verdanke und daß ein Nachfolger gewonnen werden müsse, der diesen hohen Rang zu wahren wisse. Unico loco wurde Walther Holtzmann vorgeschlagen, wie es ohne jeden Zweifel auch im Falle einer unter normalen Bedingungen eingetretenen Vakanz geschehen wäre und wie es vor allem Levisons eigenem Wunsche entsprach.

In der Tat erhielt Holtzmann 1936 den Ruf nach Bonn. Was nach Situation und Verlauf schon außer Zweifel stand, sollte sich auch weiterhin bewahrheiten: schlechthin absurd wäre es, wenn die Nachlebenden sich durch äußeren Tatbestand und "zeitgeschichtliche" Schablone zu der Vorstellung verleiten ließen, hier habe ein der Partei genehmer Professor einen verdienten jüdischen Gelehrten "verdrängt". (Allenfalls veranschaulicht dieses Beispiel wiederum eine für Berufsleben und Alltag jener Jahre sehr wesentliche, heute auch kaum noch begriffene Nuance: daß die ältere, 1933 bereits "arrivierte" Generation im allgemeinen längst nicht dem gleichen "weltanschaulichen" und organisatorischen Druck ausgesetzt war wie der "Nachwuchs".) Holtzmann wechselte gern von der Saale an den Rhein hinüber. Als er zu den üblichen Verhandlungen nach Berlin kam und, guter Dinge, bei den Monumenten vorsprach, ist ihm der Schreiber dieser Zeilen zum ersten Male begegnet. Wenige Wochen später traf ich Levison in einer - soweit es nach den Zeitverhältnissen überhaupt möglich war -nicht minder aufgeräumten Verfassung an: sein Nachfolger hatte sich gleich bei seinem ersten Besuch in Bonn zu langer freundschaftlicher Aussprache bei ihm eingefunden. In der Tat hat Holtzmann niemanden über seine Verehrung und Sympathie für Levison im unklaren gelassen, schon bei der öffentlichen Antrittsvorlesung, aber auch in den folgenden Jahren, als es, vollends nach den Exzessen vom November 1938, wirklich ein Wagnis wurde, einem Juden nicht aus dem Wege zu gehen. Levison, der eben noch rechtzeitig im Frühjahr 1939 einer Einladung nach Durham gefolgt war, nahm, sobald es nach dem Kriege möglich wurde, vom englischen Exil aus dankbar und herzlich wieder die Verbindung mit seinem Nachfolger auf und erfuhr mit bewegter Freude, daß zu seinem 70. Geburtstage (27. Mai 1946) von Holtzmann ein Sammelband seiner Aufsätze vorbereitet wurde, dessen tatsächliches Erscheinen (1948; Nr. 40) Levison freilich nicht mehr erlebte († 17. Januar 1947). Holtzmann übernahm [S. 308] dann die Sorge für Levisons wissenschaftlichen Nachlaß, indem er außer der schon erwähnten Neuausgabe des Gregor von Tours auch die von Levison neubearbeiteten Anfangsteile der Quellenkunde von Wattenbach herausbrachte (Nr. 54). Dieses unpathetisch-selbstverständliche Freundschaftsverhältnis Levisons und Holtzmanns gehört zu den gar nicht einmal so seltenen Zügen einer sehr differenzierten Zeit- und Gelehrtengeschichte, die sich in das offizielle Schema - von damals sowohl wie von heute - nicht fügen wollen.

Bei Kriegsausbruch war Holtzmann zu erneutem Militärdienst einberufen worden, den er großenteils, auf interessantem Posten mit wachen Sinnen das Zeitgeschehen beobachtend, bei der Luftwaffen-Kontrollkommission in Südfrankreich verbrachte. Im Herbst 1944 wurde er entlassen, um die gleiche Zeit, als mit dem herrlichen Gebäude der Bonner Universität auch das Historische Seminar einem massiven Bombenangriff zum Opfer fiel und sein Meister Paul Kehr, den er noch einmal aufsuchen konnte, in seinem Refugium zu Wässerndorf die Augen schloß (9. November 1944); erst Jahre später konnte er ihm einen Nachruf schreiben (Nr. 45). Es kam die Zeit des Zusammenbruchs, der Not, des mühsamen Wiederaufbaus. Durch unverdrossene Arbeit am Schreibtisch, als Lehrer und "Studentenvater" leistete Holtzmann dazu seinen Beitrag. Er schlug einen Ruf nach München aus und blieb seiner Universität treu; im akademischen Jahr 1952/53 bekleidete er auch in Bonn das Amt des Dekans der Philosophischen Fakultät.

Rascher als anfangs zu hoffen stand, schwanden die äußeren Hemmnisse für Forschung und Publikation. Nicht zum wenigsten der umsichtigen Vorsorge seiner Gattin - Sigrid geb. v. Voigts-Rhetz, die seit 1919 seinen Lebensweg begleitete und ihn nur um ein Jahr überleben sollte († 7. Dezember 1964) - verdankte Holtzmann das große Glück, daß seine umfangreichen Aufzeichnungen, vor allem die Notizen aus England, so gut wie unversehrt die Zeit der Bomben und Plünderungen überstanden hatten, und nach einiger Zeit ergab sich Gewißheit darüber, daß die Materialien des Papsturkunden-Werkes überhaupt bis auf geringe Einbußen erhalten geblieben waren. Sie wurden nach Bonn gebracht und der Aufsicht Holtzmanns unterstellt, der von der Sache her allein als wissenschaftlicher Erbe Kehrs in Betracht kam. Die rechtliche Form dafür, auf die Kehr nicht genügend bedacht gewesen war, wurde zum Glück rasch gefunden. Die im Statut der Pius-Stiftung für die Zeit nach dem Ableben Kehrs vorgesehene Kommission konstituierte sich 1948 und erwirkte eine Ergänzung des Statuts, die 1950 vom Eidgenössischen Departement des Innern bestätigt wurde und für die faktische Nachfolge [S. 309] Kehrs das neue Amt eines ständigen Sekretärs schuf. Holtzmann, der bereits seit 1946 korrespondierendes Mitglied der Göttinger Akademie war, wurde zu dieser Aufgabe berufen. Die Arbeiten in den einzelnen Abteilungen waren unterdes längst wieder aufgenommen worden; auch Holtzmann selber war 1949 zur Kontrolle und Ergänzung seines Materials nochmals nach England gereist und hatte dann die große Genugtuung, im Jahre 1952 der wissenschaftlichen Welt den dritten, nahezu 600 Seiten mit fast 500 Texten umfassenden Band seiner "Papsturkunden in England" vorlegen zu können (Nr. 52). Einen wesentlichen Teil seines Lebenswerkes hatte der Sechzigjährige abgeschlossen. Die englische Forschung selber verdankte ihm bedeutsame Aufschlüsse und Impulse; die Ernennung zum Dr. litt. h. c. durch die Universität Manchester (1954) war eine verdiente Ehrung.

Um diese Zeit amtierte Holtzmann - inzwischen längst Mitglied der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (1937), der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie (1946) und der neugegründeten Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NordrheinWestfalen (1950) - nicht mehr in Bonn, wenn er seiner Universität auch als Emeritus weiter verbunden blieb. Die zeitweilig von der Konfiskation bedrohten deutschen Institute in Italien waren 1953 nach langen Verhandlungen zurückgegeben worden. Holtzmann wurde zum Direktor des Historischen Instituts berufen, dessen einzigartige Bibliothek unter der Obhut des Vatikans die Jahre der Gefahr überdauert hatte, und konnte es bereits im Herbst des gleichen Jahres an neuer Stätte - am Corso Vittorio Emanuele im Zentrum der Stadt - wiedereröffnen. Auf noch breiterer Basis hatte er damit das Erbe Kehrs übernommen, und zum zweiten Male oblag es ihm, die weitausgreifenden Arbeiten wieder in Gang zu bringen und die Verbindungen sowohl zur italienischen wie zur internationalen gelehrten Welt wieder anzuknüpfen. Mit Eifer und Geschick unterzog er sich dieser vielseitigen Aufgabe, nicht zum wenigsten indem er selber mit gutem Beispiel voranging und in selbstloser Hingabe an die Sache den Abschluß der Italia pontificia übernahm. Den byzantinisch und normannisch überlagerten Süden für die Papstregesten historisch zu erschließen, entbehrte wahrlich nicht eines besonderen Reizes, aber man hatte es hier mit einem Stoff zu tun, der selbst für italienische Verhältnisse nach Empfängern, Überlieferungen und Literatur überaus zersplittert war und ein ungewöhnliches Maß an Kärrnerarbeit erforderte, bis zu strapaziösen Reisen in abgelegenste Kleinarchive. Als Walther Holtzmann zum Jahresende 1961, mit seinem 70. Geburtstag, aus dem Amt schied, stand der IX. Band, der das [S. 310] Festland bis auf Calabrien abrundete, im Satz. Als er am 12. September 1962 in Bonn das Vorwort unterschrieb, war er längst in die Arbeit am X. Bande vertieft, der mit Calabrien und den Inseln die stolze Reihe abschließen soll. Einen Walther Holtzmann, der nicht dazu geschaffen war, sich auf den Lorbeeren des Patriarchen in einem 'otium cum dignitate' zu sonnen, konnte nur der gewaltsame Zugriff des Todes daran hindern, das Explicit unter die Italia pontificia zu setzen 3).

II.

Holtzmanns gelehrte Veröffentlichungen sind ganz bestimmt durch seinen charakteristischerweise nicht völlig "autonomen" Lebens- und Werdegang, für den die Weichen schon früh gestellt wurden, und durch die wissenschaftlichen Verpflichtungen, die er im vollen Bewußtsein der damit eingegangenen langjährigen, wenn nicht gar lebenslangen Bindung übernommen hatte. Sein publiziertes Lebenswerk steht somit im Zeichen einer homogenen Entfaltung und läßt keine Epochen oder Zäsuren prinzipieller Art erkennen, es ist gradlinig wie sein Leben überhaupt, es ist sogar einseitig, aber auf eigentümliche und achtunggebietende Weise vielseitig in eben dieser Einseitigkeit.

Ein Lebenswerk dieser Art, bestehend aus einer Fülle von selbständigen Steinen, die sich zu einem sinnvollen Ganzen, aber doch nicht zu einem geschlossenen Bau zusammenfügen - ein solches Lebenswerk entzieht sich einer detaillierten Würdigung, die nicht in uferlose Breite zerfließen soll; hier muß einfach die Bibliographie (unten S. 320 ff.) für sich selber sprechen. In ihr heben sich als große Blöcke die schon erwähnten, in ihrer reichen Fülle und kritischen Strenge imposanten Hauptwerke heraus, die drei Bände der 'Papsturkunden in England' (Nr. 20, 25, 52) und der IX. Band der Italia pontificia (Nr. 95). Zu einem sehr großen Teil umkreisen die anderen Publikationen in nahem oder weitem Bogen diese beiden Brennpunkte. Bestimmend und be-[S. 311] herrschend sind darunter die Funde von neuen Texten, in deren Aufspürung und Aufbereitung Holtzmann ein Meister von hohen Graden war. Bei den Funden stehen, wie es in der Natur der Sache lag, die Urkunden im Vordergrunde. Manche dieser Veröffentlichungen dienen unmittelbar der Vorbereitung, Abstützung oder Ergänzung der Papstregesten (Nr. 7, 8, 43, 48, 59, 62, 69, 70, 78, 88, 89, 91, 98, 99). Aber an "Begleitmusik" dieser Art zu den 'Papsturkunden in England' fehlt es sinngerechterweise, denn es war ja der Zweck des Unternehmens, in diesen Bänden selber das verstreute Material zu sammeln. überhaupt ist es keineswegs so, daß bei Holtzmann alles kurzschlüssig auf die Papsturkunden bezogen geblieben wäre. Bei aller spezialistischen Konzentration der Arbeit griff sein aufmerksamer Blick von Anfang an weit über die kurialen Dokumente hinaus. Als gehaltvolle Nebenfrüchte seiner Forschungen erschloß er immer wieder urkundliche Texte anderer Art (Nr. 5, 6, 9, 15, 16, 19, 24, 27, 69, 73, 74, 75, 81, 82, 93), darunter Diplome Ludwigs II. (Nr. 5) und Heinrichs IV. (Nr. 73), griechische Stücke über die Unionsverhandlungen von 1089 (Nr. 15), neue Dokumente zum Investiturstreit unter Heinrich V. (Nr. 24), einen Brief Friedrichs I. nach Halberstadt (Nr. 27), Gesandteninstruktionen und Korrespondenzen aus der Zeit um 1400 (Nr. 16), von den Staufer- und Normannenurkunden aus Italien (Nr. 6, 69, 70, 74, 75, 99) gar nicht zu reden. Bei gegebener Gelegenheit verwandte er die dabei gewonnene Meisterschaft in der Urkunden- und Quellenkritik auch auf Texte, die seinen Hauptarbeiten ferner lagen (Nr. 18, 22, 57), so wie er auch Quellen erzählenden (Nr. 21, 38) oder gar poetischen Typs (Nr. 30) aufdeckte. Sichtlich aber widerstand er der bei der Archivarbeit so verlockenden Gefahr ausschweifender Zersplitterung, so daß die Bibliographie noch längst kein adäquates Bild seiner tatsächlichen Vertrautheit mit unterschiedlichsten Quellen widerspiegelt. Schon früh wandte er neben den Urkunden ein besonderes Interesse den Briefen zu, Einzelstücken, Sammlungen und hochmittelalterlichen "Briefstellern", aber neben diesem oder jenem Fund (Nr. 15, 27, 51) hat er selber lediglich in seinen Anfangsjahren eine Studie über eine 'Ars dictaminis' veröffentlicht (Nr. 4); dagegen ließ er solche Texte gern von Doktoranden bearbeiten 4).

[S. 312] Wenn Holtzmann mit hingebender Gewissenhaftigkeit die Italia pontificia - Kehrs 'Unvollendete' - dem Abschluß nahe brachte, so bedeutete das nicht zum wenigsten auch Verzicht und Opfer, denn er gab sich keiner Täuschung darüber hin, daß er sich durch diese langjährige Mühe dazu verurteilte, selber das ureigenste Herzstück seines Lebenswerkes als Torso zu hinterlassen. Seine Arbeit an den Papsturkunden war keineswegs bloße Fortführung, er hat vielmehr das groß angelegte Unternehmen stofflich und methodisch in entscheidender Weise bereichert, indem er neben der archivalischen auch die anfänglich beiseite gelassene kanonistische Überlieferung einbezog. Dabei ließ er sich nicht etwa von dem Wunsch leiten, durch "Originalität" und "neue Ideen" hervorzutreten, hier erwuchs vielmehr aus der Einsicht in objektive Notwendigkeiten eine organische Erweiterung des Forschungsplanes. Den Dekretalensammlungen des 12. und frühen 13. Jahrhunderts, die in ihrer Gesamtheit eine rechtsgeschichtliche Vorstufe zu dem 1234 promulgierten Liber Extra Gregors IX. bilden, hatte Holtzmann auf Anregung Kehrs schon früh seine Aufmerksamkeit zugewandt; die 1926 erschienene Studie über Alexander III. und Ungarn (Nr. 10) stellt eine erste Frucht dar. Sobald er sich aber eindringlich mit den englischen Papsturkunden zu befassen begann, mußten die Dekretalen geradezu in den Brennpunkt seines Interesses rücken. Auch dies hatte nichts mit prinzipiellen Erwägungen zu tun, sondern war rein historisch-faktisch bedingt. Auf der einen Seite machen die Konflikte des Königs Heinrich II. mit der Kurie es begreiflich, daß eine unverhältnismäßig große Zahl von Dekretalen des 12. Jahrhunderts, vor allem Alexanders III., nach England gerichtet ist, während umgekehrt die geistlichen Archive Englands oft Verluste erlitten haben, die einem Untergang der mittelalterlichen Bestände gleichkommen. Holtzmann begann daher zunächst in den englischen Handschriftenbibliotheken nach Dekretalensammlungen zu fahnden. Unterstützt von den anderen Mitarbeitern Kehrs und in immer engerer Fühlung mit fachverwandten Spezialisten - voran Stephan Kuttner in Washington -, dehnte er diese Aktion schrittweise auf die gesamte lateinisch-abendländische Welt aus und hatte am Ende seines Lebens ein systematisch geordnetes Material vereinigt, das nach der letzten Übersicht (in Nr. 76, S. 5 8 ff.) nahezu 70 (natürlich, in vielfältiger Weise untereinander zusammenhängende und sich überschneidende) Sammlungen erfaßt und nach dem Urteil der Sachkenner als so gut wie vollständig gelten darf. Ein besonderer Gewinn für die Kanonistik lag darin, daß Holtzmann diesem Stoff ein weniger juristisches als historisch-diplomatisches Interesse zuwandte. Für den Di-[S. 313]plomatiker sind die Dekretalen in erster Linie eine Sonderform kopialer Urkundenüberlieferung, und über die Interpretation des Rechtsinhaltes hinaus sucht er die historisch-individuellen Elemente, also Empfänger und Datum, Situation und Anlaß zu klären. Bereits im Jahre 1945 zählte Holtzmann mehr als tausend in Dekretalenform überlieferte Papstbriefe des 12. Jahrhunderts; daß sie inhaltlich alles andere als belanglos sind, liegt schon in der Natur der Sache, und überdies findet sich ein Drittel von ihnen nicht in den Regesten von Jaffé-Loewenfeld verzeichnet. Diese Zahlenangabe ist einer Darlegung entnommen (Nr. 36), deren Lektüre sich auch und gerade für den lohnt, der diesem schwierigen Stoff noch fernsteht. Die Frage, wie man dieses bisher so gut wie unzugängliche Material der historischen und kanonistischen Forschung erschließen könne, hat Holtzmann lange beschäftigt. Inmitten der Trostlosigkeit der ersten Nachkriegszeit fand er die Energie, nach mancherlei, z. T. fehlgeschlagenen Vorüberlegungen im Jahre 1945 einen sehr durchdachten neuartigen Plan für eine Gesamtedition zu entwickeln; sie soll sich weniger an den Sammlungen als an den einzelnen Texten orientieren, die in gar nicht so seltenen Fällen erst aus Bruchstücken wieder zusammengesetzt werden müssen.

Während die Vervollständigung der Unterlagen bald nach 1945 gut voranschritt, trat die Edition selbst hinter der Italia pontificia zurück und blieb einer Zukunft vorbehalten, die Holtzmann nicht mehr erleben konnte. In den Jahresberichten der Pius-Stiftung pflegte er mit einigen Sätzen auch auf die Dekretalen einzugehen, aber der Editionsplan gehörte nicht in das Programm des Kehrschen Papsturkundenwerkes. Nur um die Sache besorgt, entschloß sich Holtzmann schon bald (wie er es dann auch im Wissenschaftlichen Testament bekräftigte), das Editionsvorhaben mitsamt seinen umfangreichen Aufzeichnungen, Ausarbeitungen und Photokopien zu der von Stephan Kuttners Institute of Medieval Canon Law (bisher in Washington, jetzt an der Yale-Universität in New Haven) vorbereiteten umfassenden Publikation kanonistischer Quellen (Monumenta Iuris Canonici) beizusteuern5). Was Holtzmann selber herausbringen konnte, blieben im Grunde also Vorarbeiten für die spätere Edition, allerdings Vorarbeiten von stattlichem Umfang und Gehalt, die sich über Jahrzehnte verteilen und seinem Lebenswerk eine charakteristische Note sichern. In zahlreichen Veröffentlichungen gab er [S. 314] durch kritische Analysen von Sammlungen (Nr. 13, 14, 35, 44, 50, 55, 61), in Form 'kanonistischer Ergänzungen zur Italia pontificia' (Nr. 76, 83), durch reich, kommentierte Publikationen ausgewählter Texte (Nr. 10, 32, 42, 46, 64) bedeutende Teile seines Dekretalenmaterials der Fachwelt bekannt, anderes ließ er wiederum durch Schüler bearbeiten6).

Die von den Funden her bestimmte Erschließung neuer Quellen, so bestätigt sich immer wieder, stellt die formal-methodische Klammer dar, die dem gelehrten Werke Walther Holtzmanns die innere Einheit aufprägt. Auch abgesehen von den stattlichen Hauptwerken, die ja ebenfalls ganz in diesem Zusammenhang stehen, spiegeln Typ und Stil dieser Veröffentlichungen alle Spielarten und Stufen wider, von der bloßen Mitteilung über die kurzgefaßte Miszelle bis zur weitausholenden historischen Studie - alles dargeboten in einer gepflegten und gewandten, aber von jeglicher Präsentation freien Diktion. Holtzmann verstand sich nicht bloß darauf, den Fachgenossen sauber präparierte Texte vorzulegen, er wußte diese Texte auch durch historische Auswertung zum Sprechen zu bringen. Eben dabei schlug die scheinbare formalspezialistische Einseitigkeit in eine bemerkenswerte Vielseitigkeit um. Mehr als dreißig Jahre lang ließ er verschiedenartigste, fast ausnahmslos an eigene Quellenfunde anknüpfende Beiträge zu Einzelfragen der Papst- und Reichsgeschichte erscheinen, aus deren stattlicher Zahl die Studien zur Spätphase des Investiturstreites (Nr. 24), zum Konflikt Friedrichs I. mit Alexander III. (Nr. 19), zum Sturz des Bischofs Heinrich II. von Chur unter Heinrich VI. (Nr. 42) als allgemeingeschichtlich besonders ergiebig hervorgehoben werden mögen. Manches, allerdings punktueller Art, bezieht sich natürlich auf italische Dinge (Nr. 9, 33, 59, 68, 80, 86, 88), aber auch Sachgebiete wie die päpstliche Judengesetzgebung (Nr. 64) oder wirtschafts- und sozialgeschichtliche Details (Nr. 46) werden beleuchtet, gelegentlich kommen Themen aus dem Spätmittelalter zur Sprache (Nr. 16, 21), und neben einem Ausblick auf Dänemark (Nr. 18) ergaben sich die grundlegend wichtigen Forschungen über die Beziehungen der Päpste zu Ungarn (Nr. 10) und zur griechischen Welt (Nr. 3, 15) sowie über Königtum und Kirche in Norwegen (Nr. 32). Eine Anzahl charakteristischer Aufsätze aus diesen Gruppen (Nr. 38, 30, 3, 15, 24, 10, 19, 55, 42) ist 1957 als Ehrengabe zu Holtzmanns 65. Geburtstage in einem Sammelbande vereinigt worden (Nr. 77).

[S. 315] Papsturkunden und Dekretalen blieben in seinem Forschen und Schaffen somit die bestimmende Mitte, zu der seine Schriften im allgemeinen einen nahen oder fernen Bezug wahrten. Unter den wenigen Beiträgen, die des Zusammenhangs mit diesem Stoffbereich völlig entbehren, ragt die 1947 erschienene Untersuchung über Heinrich I. und die Hl. Lanze (Nr. 37) hervor, aber ihre Entstehung war ein wenig mitbedingt durch die äußere Behinderung anderweitiger Forschungsarbeit in der ersten Nachkriegszeit, und im übrigen stand auch sie ganz im Zeichen analytischer Kritik. Den großen, schon früh übernommenen Verpflichtungen zuliebe verzichtete Holtzmann auf darstellende Geschichtsschreibung, zu der es ihn freilich auch weniger zog. Doch verstand er sich durchaus auch auf die geraffte Synthese, so in dem Kapitel über Italien, das er 1939 zu der von Robert Holtzmann geleiteten Neubearbeitung der Quellenkunde von Wattenbach beisteuerte (Nr. 34), aber gelegentlich auch in weitgespannten Skizzen über historische Landschaften oder Gestalten (Nr. 26, 31, 41) und erst recht, wenn er große Probleme der mittelalterlichen Geschichte - Imperium, Papsttum, Monarchien - in Vortragsform anging (Nr. 56, 65, 68, 78), ohne Überraschungseffekte, doch stets mit sehr selbständiger Note. Ausdrücklich dürfen wir in diesem Zusammenhange auch seine an einen weiteren Leserkreis gerichteten Beiträge über die Universität Halle (Nr. 28, 29), über das Römische Institut (Nr. 60, 67) und über Paul Kehr (Nr. 45, 53) erwähnen. Freilich blieben das im ganzen periphere Gelegenheitspublikationen. Eine viel nachhaltigere Energie verwandte Holtzmann auf Obliegenheiten, welche die Bibliographie nicht widerspiegeln kann. Von 1925 bis 1963 gibt es unter den 24 Bänden des Neuen und Deutschen Archivs außer DA. 7 nicht einen, der nicht eine Anzahl von 'Nachrichten' mit der Sigle "W. H." enthielte. In der Tat nahm Walther Holtzmann in einem heute ungewohnten Maße zeitlebens die - mindestens referierende, tunlichst aber auch rezensierende - Berichterstattung über die Fachliteratur sehr ernst. Neben der Monumenta-Zeitschrift ernteten nicht minder die ,Quellen und Forschungen' die Früchte seines unermüdlichen Rezensentenfleißes, zumal seitdem er selber der Herausgeber war, und wie unschätzbar waren die kenntnisreichen Anzeigen über die englische Mediävistik, die wir über lange Jahre hin in der 'Historischen Zeitschrift' verfolgen konnten! Unvergessen sei auch Holtzmanns Mitarbeit an den Bänden 5-7 der Jahresberichte für deutsche Geschichte (1929-31) und die von ihm gemeinsam mit Gerhard Ritter herausgegebene Bibliographie über die deutsche Fachliteratur der Kriegsjahre (Nr. 47).

[S. 316]

III.

Walther Holtzmanns gelehrtes Lebenswerk wird bestehen und weiter wirken, solange die Historie eine Wissenschaft bleibt. Wird es den künftigen Historikern, die ihm nicht mehr begegnet sind, auch ein lebenswahres Andenken an den Menschen vermitteln? In manchem Bezuge sicherlich, denn es läßt ihn als einen Gelehrten charakteristischer Prägung erkennen.

Leichter als die von scheuem Respekt umgebenen und nur in ihren spektakulären Ergebnissen bewunderten naturwissenschaftlichen Disziplinen findet die Geschichte den Weg zur "Öffentlichkeit". Eine solche Resonanz aber bedeutet nicht bloß Beflügelung, sie birgt auch Gefahren in sich, weil gar zu viele Zeitgenossen sich zutrauen, in historicis mitzureden. Dies kommt schon der unabhängigen Standfestigkeit gegenüber "zeitnahen" Tendenzen, deren "Zeitgebundenheit" dann einer kopfschüttelnden nächsten Generation bewußt wird, nicht eben zugute, und zum anderen fehlt es in der landläufigen Halbbildung sehr am Verständnis dafür, daß analytische Grundlagenforschung, wie sie den Naturwissenschaften mit undiskutierter Selbstverständlichkeit zugebilligt wird, mutatis mutandis auch in der Geschichte legitim und unentbehrlich ist. Forschung kann nicht volkstümlich oder auch nur allgemeinverständlich" sein, aber eben die Unabhängigkeit von Rücksichten solcher Art gehört wesentlich zur Freiheit der Wissenschaft. Ohne sich im geringsten darum zu kümmern, ob eine weitere Öffentlichkeit von seinen Leistungen Notiz nahm, hat Holtzmann ein ganzes Lebenswerk, das weder zeitnah noch zeitgebunden war, der strengen Fachgelehrsamkeit, der tendenzfreien Laboratoriumsarbeit gewidmet. Darin aber eignete ihm souveränes Format. Dieser Quellenforscher, der sich von Schottland bis Süditalien in Archiven, Überlieferungen, Literatur und kritischen Problemen auskannte, der die ganze Klaviatur der Sprachen, Schriften und Urkundenformen virtuos beherrschte, war ein würdiger Nachfolger Paul Kehrs und Wilhelm Levisons, er kann an einen Meister des Faches wie Paul Scheffer-Boichorst erinnern. In diesem Sinne dürfen wir ihn durchaus als einen noch sehr vom 19. Jahrhundert her geprägten Gelehrtentyp verstehen, sofern wir diese Kennzeichnung von jedem Unterton globaler Abwertung freihalten, denn das 19. Jahrhundert war wahrhaftig eine große Zeit der Geschichtsforschung!

Trotzdem braucht nicht verschwiegen zu werden, daß mit einer solchen Charakteristik auch spezifische Grenzen gemeint sind, die auf diese oder jene Weise auch bei Holtzmann sichtbar waren. Es handelt sich fraglos um einen Gelehrtentyp einseitiger Ausprägung, wie er in [S. 317] der Geschichtswissenschaft nicht alleinherrschend werden darf, wenn die Bemühungen um die theoretischen Grundlagen historischen Erkennens und Denkens ebenso wie eine literarisch geformte Geschichtsschreibung nicht verkümmern sollen. Ein in mancher Hinsicht typischer, d. h. in keiner Weise individueller Zug Holtzmanns war es auch, daß er sein ganzes Leben auf die Erforschung mittelalterlicher Kirchengeschichte verwenden konnte, ohne von dieser geistigen Welt in erkennbarer Weise innerlich stark berührt zu werden oder sich zur Auseinandersetzung mit ihr aufgerufen zu fühlen, daß ihm vielmehr die kritische Quellenforschung selber eine Art von Religionsersatz war. Es sei also getrost zugegeben: was bei den - mittlerweile freilich zum Klischee verschwommenen - Schlagworten "positivistisch" und "liberal" im einschränkenden Sinne einer Begrenztheit historischen Interesses und Verstehens mitschwingt, ist (nicht anders als bei Kehr) auch bei Holtzmann zu erkennen - aber wir finden es reich kompensiert durch alles, was in solcher intellektuellen und moralischen Haltung positiv, ja bewundernswert sein konnte. Mit der unprogrammatischen Selbstverständlichkeit, die zu seinem Wesen gehörte, legte er, im wissenschaftlichen sowohl wie im persönlichen Bereich, eine vornehme Toleranz und überlegene Vorurteilslosigkeit an den Tag, wie sie nur bedingt als typisch gelten kann, und wenn er das Festredenvokabular vom "Ethos der Wissenschaft" nie in den Mund oder in die Feder nahm, so lebte er aber eine selbstlose Hingabe an die Wahrheitssuche schlicht und einfach vor, in strikter Sachlichkeit, ohne den leisesten Anflug von Eitelkeit, in echter, nicht affektierter Bescheidenheit7). Immer wieder staunenswert war seine [S. 318] unermüdliche Arbeitskraft, immens sein präsentes Wissen, das Großes und Kleines, Nahes und Fernes im gleichen Blick umfaßte, aber jederzeit bereit war, sich an eine Summe von scheinbar geringfügigen Details zu verschwenden - ihn konnte die überfallartige Aufforderung zur kurzfristigen Erstellung einer Gelegenheits- oder Festschriftenmiszelle nie schrecken. Allergisch gegen Schönrednerei und große Worte, legte er unerbittliche Maßstäbe an eigene und fremde Leistungen und war streng im kritischen Urteil gegen alles, was vor seinem unbestechlich scharfen Blick als "schludrig" erschien, ohne daß er darum aber eng und unduldsam geworden wäre: was mit Kenntnis und Sorgfalt gearbeitet war, erkannte er an, auch wenn es ihm methodisch und stofflich fernlag.

Auch wer Holtzmann nicht gekannt hat, vermag wohl aus seinen Schriften, wenn er über unsere Bibliographie hinaus die Rezensionen mit einbezieht, all diese Züge herauszulesen. Sein menschlich-persönliches Wesen aber spiegelt sich darin nur sehr unvollkommen wider. Die Gewissenhaftigkeit, mit der er seine Pflichten im Lehramt, in den gelehrten Gremien und - wenn auch bei seiner Abneigung gegen alles "Managertum" nur widerwillig - in der Verwaltungsarbeit erfüllte, entspricht noch durchaus dem Bilde, das sich aus den Publikationen abzeichnet. Wer sich aber durch die Fülle der Analysen und Editionen zu der Vorstellung verleiten ließe, Walther Holtzmann sei ein trockener, bedächtiger, amusischer, vielleicht gar langweiliger Schreibtischgelehrter gewesen, dessen geistige Welt nur aus Jaffé-Nummern und Dekretalenstellen bestanden habe, der wäre einem argen Irrtum erlegen! Die Schriften waren für ihn keineswegs eine "Aussage" seiner gesamten "Persönlichkeit", sondern strenger Dienst an einer großen Aufgabe, bei der die subjektive Note ganz hinter dem Werk zurückzutreten hatte. In Wirklichkeit war er eine überaus temperamentvolle Natur, lebhaft, unterhaltsam und von einer geistigen Aufgeschlossenheit - als Liebhaber und Kenner der Musik, in literarischer Belesenheit - die zu der scheinbaren Trockenheit seiner Arbeiten einen überraschenden Kontrast bildete. Ein eigenes Feld neben den spezialistischen Publikationen stellt ja nicht zum wenigsten Holtzmanns jahrzehntelange Wirksamkeit als akademischer Lehrer dar, von deren Spannweite auch der Nachwelt noch die unter seiner Aufsicht entstandenen Dissertationen zeugen, allein aus Bonn nahezu dreißig an der Zahl und aus vielfältigen Forschungsgebieten8) Bequem als Lehrer, Beamter, Vorgesetzter, Kollege und [S. 319] Fachgenosse war der impulsive Herr gewiß nicht. Die Strenge des Urteils, die in seinen Rezensionen gelegentlich zutage tritt, war nur ein sanftes Säuseln im Vergleich zu dem polternden Zorn, der sich, wenn bei ihm "die Sicherung durchschlug", im Gespräch oder im Brief über Gerechte und Ungerechte ergießen konnte, aber wenn irgendwo, dann traf die vielgebrauchte Metapher von der rauhen Schale um den weichen Kern auf ihn zu. Nur wenige wußten von der liebenden Sorge, die er seiner Familie zuwandte, aber er war in Wirklichkeit z. B. auch alles andere als eine verhandlungs- und debattenfeste Kampfnatur in akademischen Angelegenheiten, und seine eifernde Strenge hatte ihre gewinnende Kehrseite in einer unbegrenzten Hilfsbereitschaft, die sich stets von neuem bewährte, vor allem bei dem Berater der Schüler, Stipendiaten, Assistenten, Kollegen, der jede noch so drängende Arbeit augenblicklich liegen lassen konnte, wenn es galt, einem andern durch Auskünfte, Winke oder eigene Nachforschungen weiterzuhelfen, und der es nie unter seiner Würde fand, selbst für einen jüngeren in zeitraubender Mühe einen entlegenen Text abzuschreiben. Daß er dabei die in jungen Jahren erlernte, in einer Zeit des erleichterten Photographierens aber nur noch bedingt zweckmäßige Kunst der "paläographischen Abschrift" betätigte, weil er, als Repräsentant alter Schule ein wenig mit seinem altmodischen Habitus kokettierend, zu allen technischen Erleichterungen mißtrauische Distanz wahrte und davon nicht einmal die Schreibmaschine ausnahm - das ist noch ein zusätzlicher, halb skurriler und halb liebenswürdiger, wiederum charakteristischer Akzent. Aber so kantig er sich oft gab, man brauchte ihm nur ein wenig näherzukommen, um ihn von Herzen gut leiden zu können und ihm jetzt in ehrlicher Betrübnis nachzutrauern ...

'He was a man, take him for all in all,

I shall not look upon his like again.'

In Dankbarkeit, aber auch in verpflichtender Sorge um das Erbe nehmen wir Abschied.

[S. 320]


Bibliographie9)

1. Die Gründung des Bistums Samaiten. Ein Beitrag zur Geschichte des Konstanzer Konzils, ZGO. NF. 32 (1917) 70-84.

2. Demosthenes an die Deutschen. Ein Beitrag zur Geschichte der Zensur in Baden während der Befreiungskriege, eb. 36 (1921) 295-302.

3. Studien zur Orientpolitik des Reformpapsttums und zur Entstehung des ersten Kreuzzuges, HVS. 22 (1924) 167-199 = Nr. 77 S. 51-78.

4. Eine oberitalienische Ars dictandi und die Briefsammlung des Priors Peter von St. Jean in Sens, NA. 46 (1925) 34-52.

5. Ein neues Diplom Kaiser Ludwigs II. für Bobbio, eb. 143-148.

6. Unbekannte Stauferurkunden und Reichssachen, QFIAB. 18 (1926), 171-190.

7. Eine Legatenurkunde aus Unteritalien, eb. 333-335.

8. Anecdota Veronensia, in: Papsttum und Kaisertum. Festschrift für Paul Kehr (München 1926) S. 369-375.

9. Die ältesten Urkunden des Klosters S. Maria del Patir, Byz. Zs. 26 (1926) 328-351.

10. Papst Alexander III. und Ungarn, Ungarische Jbb. 6 (1926) 397-426 = Nr. 77 S. 139-167.

11. Der älteste mittelalterliche Stadtplan von Rom. Eine quellenkritische Untersuchung, Jb. des Deutschen Archäol. Inst. 41 (1926) 56-66.

12. Bruchstücke aus der Weltchronik des Minoriten Paulinus von Venedig, I. Rezension = Texte zur Kulturgesdiidite des Mittelalters, hg. von Fedor Schneider, Heft 3/4 (Rom 1927). 68 S.

13. Beiträge zu den Dekretalensammlungen des zwölften Jahrhunderts, ZRG. Kan. Abt. 16 (1927) 37-115.

14. Collectio Eberbacensis, eb. 17 (1928) 548-555.

15. Die Unionsverhandlungen zwischen Kaiser Alexios I. und Papst Urban II. im Jahre 1089, Byz. Zs. 28 (1928) 38-67 = Nr. 77 S. 79-105.

16. Die englische Heirat Pfalzgraf Ludwigs III., ZGO. NF. 43 (1929) 1-38.

17. Das englische Archivwesen I: Die älteren Bestände, Archival. Zs. 39 (1930) 1-30.

18. Urkunden zur Geschichte des Domklosters von Odense, Schriften des Vereins für schleswig-holstein. KG. 9 (1930) 59-65.

19. Quellen und Forschungen zur Geschichte Barbarossas. Englische Analekten I, NA. 48 (1930) 384-413; vgl. Nr. 77 S. 169-176.

20. Papsturkunden in England I = Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Klasse, NF. 25 (Berlin 1930/31). 658 S.

21. Zum Attentat von Anagni, in: Festschrift für Albert Brackmann (Weimar 1931) 492-507.

22. Wettinische Urkundenstudien, in: Kritische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters, Festschrift für Robert Holtzmann = Eberings Historische Studien 238 (Berlin 1933) 167-190.

[S. 321]

23. Vorwort zu: Fedor Schneider, Die Epitaphien der Päpste und andere stadtrömische Inschriften des Mittelalters = Texte zur Kulturgeschichte des Mittelalters, begr. von Fedor Schneider und fortgeführt von W. H., Heft 6 (Rom 1933) 3-7.

24. Zur Geschichte des Investiturstreites. Englische Analekten II, NA. 50 (1935) 246-319; vgl. Nr. 77 S. 107-122, 123-137.

25. Papsturkunden in England II = Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Klasse, 3. F. 14/15 (Berlin 1935/36). 488 S.

26. Mitteldeutschland in der deutschen Geschichte, Sachsen und Anhalt 12 (1936) 1-15.

27. Kaiser Friedrich Barbarossa und die Absetzung des Bischofs Ulrich von Halberstadt 1160, eb. 179-185.

28. Die Universität Halle in der deutschen Geistesgeschichte, in: Die Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg (Halle 1936) 26-46.

29. Aus der Arbeit der Philosophischen Fakultät, eb. 76-85.

30. Kardinal Deusdedit als Dichter, HJb. 57 (1937) 217-232 = Nr. 77 S.35-49.

31. Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe, in: Gestalter deutscher Vergangenheit, hg. v. P. R. Rohden (Berlin-Potsdam 1937) 129-140.

32. Krone und Kirche in Norwegen im 12. Jahrhundert. Englische Analekten III, DA. 2 (1938) 341-400.

33. Zum Prozeß der Äbtissin Mathia von S. Maria in Capua, ZRG. Kan. Abt. 27 (1938) 299-309.

34. Italien, in: W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Deutsche Kaiserzeit, hg. v. Robert Holtzmann, Band I, Heft 2 (Berlin 1939; Neudruck Tübingen 1948) 313-344.

35. Die Register Papst Alexenders III. in den Händen der Kanonisten, QFIAB. 30 (1940) 13-87.

36. Über eine Ausgabe der päpstlichen Dekretalen des 12. Jahrhunderts, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse 1945 S. 15-36.

37. König Heinrich I. und die Heilige Lanze (Bonn 1947). 64 S.

38. Laurentius von Amalfi, ein Lehrer Hildebrands, Studi Gregoriani 1 (1947) 207-236 = Nr. 77 S. 9-33.

39. Das Register Papst Innocenz' III. über den deutschen Thronstreit, 2 Teile (Bonn 1947/48). 242 S. (Textausgabe).

40. Vorwort zu: Wilhelm Levison, Aus rheinischer und fränkischer Frühzeit. Ausgewählte Aufsätze (Düsseldorf 1948) 3-6.

41. Der Niederrhein und das Reich in der deutschen Kaiserzeit (Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde. Bonn 1949). 23 S.

42. Das Ende des Bischofs Heinrich II. von Chur. Ein Beitrag zur Geschichte von Reich und Kirche in der Zeit Kaiser Heinrichs VI., Zs. für schweizer. Gesch. 29 (1949) 145-194 = Nr. 77 S. 197-234.

43. Eine ältere Papsturkunde für das Hospiz auf dem Großen St. Bernhard, eb. 30 (1950) 263-264.

44. Die Dekretalen Gregors VIII., MIÖG. 58 (1950) 113-123.

45. Paul Fridolin Kehr, DA. 8 (1950) 26-58.

[S. 322]

46. Sozial- und Wirtschaftsgeschichtliches aus Dekretalen, Rhein. Vjbll. 15/16 (1950/51) 258-266.

47. (Hrg.) Die deutsche Geschichtswissenschaft im zweiten Weltkrieg. Bibliographie des historischen Schrifttums deutscher Autoren 1939-1945 (Marburg 1951). 2 Halbbände. 150 u. 512 S. (zusammen mit Gerhard Ritter).

48. Zur Geschichte des ersten Romzugs Lothars III., DA. 9 (1951) 182-183.

49. Vorwort zu: Gregorii episcopi Turonensis Libri historiarum X, editionem alteram curaverunt B. Krusch et W. Levison = MG. SS. rer. Mer. I 1 (Hannover 1951), S. V-VI.

50. Die Dekretalensammlungen des 12. Jahrhunderts. 1. Die Sammlung Tanner, in: Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Phil.-hist. Klasse (Göttingen 1951) S.83-145.

51. Drei unbekannte Briefe zur Geschichte Engelberts des Heiligen, Ann. des hist. Vereins für den Niederrhein 149/150 (1951) 233-237.

52. Papsturkunden in England III = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse, 3. F. 33 (Göttingen 1952). 596 S.

53. Paolo Kehr e le ricerche archivistiche per l'"Italia pontificia", in: Miscellanea Archivistica Angelo Mercati = Studi e Testi 165 (Rom 1952) 43-49.

54. Vorwort zu: Wattenbach-Levison, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vorzeit und Karolinger I (Weimar 1952), S.VII-VIII.

55. Die Benutzung Gratians in der päpstlichen Kanzlei im 12. Jahrhundert, Studia Gratiana 1 (1953) 325-349 = Nr. 77 S. 177-196.

56. Das mittelalterliche Imperium und die werdenden Nationen = Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Geisteswissenschaften, Heft 7 (Köln-Opladen 1953). 28 S.

57. Propter Sion non tacebo. Zur Erklärung von Carmina Burana 41, DA. 10 (1953/54) 170-175.

58. Die angeblichen Überreste Heinrichs des Löwen, eb. 488-503 (zusammen mit M. Hackenbroch).

59. Eine Appellation des Klosters Tremiti an Alexander III., Bull. dell'Ist. stor. ital. per il Medioevo e Arch. Muratoriano 66 (1954) 21-39.

60. L'Istituto storico Germanico, Studi Romani 2 (1954) 337-342.

61. Papal Decretals relating to the diocese of Lincoln in the twelfth century = Lincoln Record Society 47 (1954). XXVIII, 65 S. (zusammen mit E. W. Kemp).

62. Das Privileg Alexanders II. für S. Maria Mattina, QFIAB. 34 (1954) 65-87.

63. La Collectio Seguntina et les Décrétales de Clément III et de Célestin III, RHE. 50 (1955) 400-453.

64. Zur päpstlichen Gesetzgebung über die Juden im 12. Jahrhundert, in: Festschrift für Guido Kisch (Stuttgart 1955) 217-235.

65. Imperium und Nationen, Relazioni del X Congresso internaz. di Scienze storiche 3 (Rom 1955) 275-303.

66. Nachwort zu: Robert Holtzmann, Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, 3. Aufl. (München 1955) 528-530.

[S. 323]

67. Das Deutsche Historische Institut in Rom, in: Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Geisteswissenschaften, Heft 46 (Köln-Opladen 1955) 7-43.

68. Il regno di Ruggero II e gli inizi di un sistema di stati europei, in: Atti del Convegno internaz. di Studi Ruggeriani 1 (Palermo 1955) 29-48.

69. Papst-, Kaiser- und Normannenurkunden aus Unteritalien I, QFIAB. 35 (1955) 46-85.

70. Papst-, Kaiser- und Normannenurkunden aus Unteritalien II-V, eb. 36 (1956) 1-85.

71. Fabio Vecchioni und seine Beschreibung des Triumphtores in Capua, eb. 205-247 (zusammen mit W.Paeseler).

72. Zur Kirchenpolitik König Wilhelms II., in: Studi medioevali in onore di Antonino De Stefano (Palermo 1956) 289-295.

73. Ein übersehenes Diplom Heinrichs IV. für Vercelli, DA. 12 (1956) 518-526.

74. The Norman royal Charters of S.Bartolomeo di Carpineto, Papers of the British School at Rome 24 (1956) 94-100.

75. Un diploma di Enrico VI per i canonici del Laterano, Bull. dell'Archivio paleogr. ital. NS. 3 (1956/57) 5-11.

76. Kanonistische Ergänzungen zur Italia pontificia I-IV, QFIAB. 37 (1957) 55-102.

77. Beiträge zur Reichs- und Papstgeschichte des hohen Mittelalters = Bonner Historische Forschungen 8 (Bonn 1957). 238 S.

78. Osservazioni sui rapporti fra Normanni e Papato, Archivio storico Pugliese 11 (1958) 21-35.

79. La corrispondenza fra Theodor von Sickel e Oreste Tommasini, Arch. della Soc. romana di storia patria 79 (1956; erschienen 1958) 89-143.

80. La legazione papale in Umbria del 1210 in un documento inedito di Amelia, Riv. di storia della Chiesa in Italia 12 (1958) 121-125 (zusammen mit D.Waley).

81. Zum Itinerar Heinrichs VI., DA. 14 (1958) 495-500.

82. Un nuovo documento riguardante il rettore Ansone di Benavente, Samnium 31 (1958) 125-134.

83. Kanonistische Ergänzungen zur Italia pontificia V-X, QFIAB. 38 (1958) 67-175.

84. Buchausgabe von Nr. 76 und 83 mit Indices (Tübingen 1959). 157 S.

85. Bulles pontificales du XIIe siècle choisies dans les collections canoniques (ungarisch), Századok 93 (1959) 418-423.

86. Berard Erzbischof von Messina, QFIAB. 39 (1959) 221.

87. Eine Inschrift in Troia, eb. 40 (1960) 185-187.

88. Der Katepan Boioannes und die kirchliche Organisation der Capitanata, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse 1960 Nr. 2, S. 19-39.

89. Papsttum, Normannen und griechische Kirche, in: Miscellanea Bibliothecae Hertzianae (München 1961) S. 69-76. Dasselbe italienisch: Il Papato, i Normanni e la Chiesa greca, Almanacco Calabrese 1963, S. 53-66.

[S. 324]

90. Aus der Geschichte von Nardò in der normannischen und staufischen Zeit, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist Klasse 1961 Nr. 3, S. 36-82.

91. Il privilegio di Clemente III per S. Sofia, Samnium 34 (1961) 52-57

92. Ein Briefwechsel zwischen Paul Kehr und Friedrich Meinecke, DA. 17 (1961) 9-11.

93. Zwei Katepansurkunden aus Tricarico, QFIAB. 41 (1961) 1-28 (zusammen mit A. Guillou).

94. Zu den Dekretalen bei Simon von Bisignano, Traditio 18 (1962) 450-459

95. Italia pontificia IX. Samnium-Apulia-Lucania (Berlin 1962) XLVI, 518 S.

96. Über die vatikanische Handschrift der Collectio Brugensis (Ottob. lat. 3027), in: Collectanea Vaticana in honorem Anselmi M. card. Albareda = Studi e Testi 219 (Rom 1962) 391-414.

97. Ein Gegner Wiberts von Ravenna, RQS. 57 (1962) 189-191.

98. Nachträge zu den Papsturkunden Italiens X, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Klasse 1962 Nr. 8, S. 203-247 (unter Mitwirkung von D. Girgensohn).

99. Papst-, Kaiser- und Normannenurkunden aus Unteritalien III, QFIAB. 42/43 (1962/63) 56-103.

100. Otto IV. in Cosenza? Eine Berichtigung, eb. 104-118.

101. Maximilla regina, soror Rogerii regis, DA. 19 (1963) 149-167.


Anmerkungen

1) Ergänzend zu den folgenden Seiten sei verwiesen auf den Nachruf von P. E. Hübinger im Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen 18 (April 1964) 13-21, aus dem wir manches an Daten und Fakten übernommen haben. Vgl. auch den Nachruf von A. L a r g i a d è r im Jb. der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1963, S.76-80.

2) NA. 45 (1924) 219.

3) Holtzmanns letzter Mitarbeiter, Dr. Dieter Girgensohn in Göttingen, hat sich bereit gefunden, an das schon weit gediehene Manuskript des X. Bandes die letzte Hand zu legen. Mit diesem letzten Regionalbande wollte Holtzmann auf jeden Fall seine Arbeit an der Italia pontificia beenden, um sich ganz den Dekretalen (vgl. unten S. 312 ff.) widmen zu können. Restlos erfüllt ist das Programm der italienischen Reihe damit freilich noch nicht. Was noch aussteht, sind die Empfänger- und Korrespondenzgruppe 'Regnum Italiae' (für die es keinerlei Vorarbeiten gibt), die seit dem Erscheinen des 1. Bandes (1906!) notwendig gewordenen Nachträge und Ergänzungen (die gleichfalls ganz neu erarbeitet werden müßten, da die Notizen Kehrs mit seinem Handexemplar verlorengegangen sind) und die angesichts der Stoffülle besonders erwünschten Indices. Eine Entscheidung darüber steht jedoch noch aus.

4) Wir verzeichnen folgende Bonner Dissertationen. Anna Maria M ü n z, Studien zur Briefsammlung Thomas Beckets (1943); Franz Jos. S c h m a l e, Die 'Precepta prosaici dictaminis secundum Tullium' und die 'Konstanzer Briefsammlung' (1950); Paul Gerh. F i s c h b a c h, Die Briefsammlung Eberhards I. von Salzburg (1954).

5) Demgemäß hat Prof. Kuttner 1964 das gesamte Material übernommen. Die in 37 Bänden vereinigten Handschriftenphotokopien sind allerdings nur als Leihgabe nach New Haven gegangen; sie bleiben gemeinsames Eigentum der Göttinger Akademie und der Pius-Stiftung.

6) Hans Eberh. L o h m a n n, Die Coll. Wigorniensis (Coll. Londinensis Regia), ZRG. Kan. Abt.23 (1934) 36ff.; Bonner Dissertationen: Walter H e r o l d, Die Canones des 3. Laterankonzils 1179 (1952); Walter D e e t e r s, Die Bambergensis-Gruppe der Dekretalensammlungen des 12. Jh. (1954).

7) Holtzmann hat sich allen Ernstes dagegen gesträubt, überhaupt neben Kehr auf dem Titelblatt des IX. Bandes der Italia pontificia genannt zu werden. Es tut dem legitimen Ruhm Kehrs wirklich keinen Abbruch, wenn wir dazu ausdrücklich anmerken, daß das Titelblatt, so wie es schließlich erschienen ist (,congessit P. F. Kehr - edidit W. Holtzmann') zwar der Pietät und Bescheidenheit Holtzmanns ein schönes Zeugnis ausstellt, aber dazu angetan ist, von der Entstehung dieses Bandes irrige Vorstellungen zu erwecken. Es trifft zu, daß der Grundstock des vielschichtigen Materials schon vor Jahrzehnten unter Kehrs anteilnehmender Aufsicht zusammengetragen worden war, aber er ist nicht mehr dazu gekommen, selber systematisch die kritische Hand daran zu legen. Nach dem Abschluß des im J. 1935 ausgegebenen VIII. Bandes verwandte er seine gesamte Energie auf die Diplome der ostfränkischen Karolinger und konnte sich nur noch am Rande der Italia pontificia widmen. Dr. Horst Schlechte (jetzt am Landeshauptarchiv in Dresden) bereitete währenddessen in einem mehrjährigen ersten Arbeitsgang die Redaktion des IX. Bandes vor. Holtzmann übernahm 1950 diese noch keineswegs vollständigen und inzwischen teilweise wieder veralteten Unterlagen, deren Auffüllung und entscheidende kritische Gestaltung seine Leistung darstellt und damit natürlich auch seiner gelehrten Verantwortung unterliegt.

8) Vgl. das Verzeichnis bei P. E. H ü b i n g e r, Das Historische Seminar der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn (1963), von S. 381 an. Zur Ergänzung seien die in Halle entstandenen Dissertationen verzeichnet: [S. 319 unten] Martin P r e i s s, Die politische Tätigkeit der Cistercienser im Schisma von 1159-1177 (1933; erschienen Berlin 1934 als Heft 248 von Eberings Hist. Studien); Hans-Erich W e i r a u c h, Die Güterpolitik und der Grundbesitz des Stiftes Quedlinburg im MA. (1936; erschienen: Sachsen und Anhalt 13 [1937],14.[1938]); Friedrich Schilling, Boleslaws I. Politik einer Hebung der schlesischen Gütererzeugung nach deutschem Vorbild (1933; ausgebaut zu: Fr. Sch., Ursprung und Frühzeit des Deutschtums in Schlesien und im Land Lebus [Ostdeutsche Forschungen 4/5], Leipzig 1938); Günter L ü p k e, Die Stellung der Magdeburger Erzbischöfe während des Investiturstreites (1936; erschienen als Diss. Halle 1937).

9) Das Schriftenverzeichnis - für dessen buchstäbliche Vollständigkeit keine Gewähr besteht und das vor allem die für Holtzmanns Lebenswerk charakteristischen, überaus zahlreichen Rezensionen (vgl. S. 315) nicht enthält - beruht im Grundstock auf der Liste im Sammelbande Nr. 77 (S. 235 ff.) und auf den Ergänzungen, die H ü b i n g e r seinem in Anm. 1 genannten Nachruf beigegeben hat.